Bereits vor der aktuellen Corona-Pandemie gab es gute Gründe für die Digitalisierung der Rechtsabteilung. Egal ob Anwaltskanzlei, In-House Beratung oder Compliance. Sowohl die internen als auch die externen Kunden können von der Digitalisierung profitieren. 58% der Unternehmen erwarten durch IT-gestützte Verarbeitung effizientere Prozesse, so versprechen sich 61% der Unternehmen durch die Digitalisierung des Rechnungsausgangs Kostenersparnisse.
Code is Law – Recht wird digital
Wir stehen am Anfang einer Entwicklung, deren Auswirkungen, Möglichkeiten aber auch Gefahren wir erst anfangen zu verstehen. Schon immer war das Recht eng mit dem Papier verbunden, auf dem es gedruckt wurde und der Einfluss, den der Buchdruck auf den modernen Rechtsstaat hatte, lässt sich gar nicht überschätzen. In diesem Rahmen muss auch die Digitalisierung des Rechts betrachtet werden. Das Spannende an der Digitalisierung des Rechts ist nicht, dass die Gesetze und das gedruckte Wort nun auf Datenträgern gespeichert werden und im Internet frei verfügbar sind. Die Revolution findet dort statt, wo bisher passives Wissen mit Algorithmen aktiv ausgeführt werden kann.
Diese Situation ist nicht neu, bei der Geschwindigkeitsüberwachung bspw. ist der Blitzer bereits seit Jahrzehnten ein anerkannter Helfer. Weitere Digitalisierungsbemühungen sind, wenn auch nur zögerlich, bei der Digitalisierung der Verwaltung zu beobachten. Zu den Vorreitern gehört die Finanzverwaltung, welche die Steuererklärung für Unternehmen und Privatpersonen bereits vollständig elektronisch ermöglicht.
Für Unternehmen ist diese grundsätzliche Entwicklung überaus relevant Eine zunehmend digitale Verwaltung, vereinfacht die Zusammenarbeit mit dieser und andererseits gilt auch für Unternehmen, dass diese ihre eigene Verwaltung durch digitale Assistenzsysteme stärken können. Governance kann in den Code, die Infrastruktur geschrieben und fest verankert werden.
Doch nicht nur in der Unternehmensinfrastruktur kann Code Regeln vorgeben. In Produkten gilt die Maxime, dass die Regeln im Code geschrieben sind umso mehr. Die besten Beispiele hierfür sind Facebook und Google. Während ersteres mit Tochtergesellschaften wie Whatsapp und Twitter unser Privatleben durchdringt, ist Google aus dem geschäftlichen Leben nicht mehr wegzudenken Alle diese Produkte bestimmen unseren Umgang mit ihnen durch den zugrunde liegenden Algorithmus. Gleichzeitig bestimmen primär die Produkte, was wir mittels ihrer Nutzung sehen oder nicht sehen können. Sowohl die Suchmaschine von Google als auch Google Analytics haben einen Marktanteil von über 80%.
Bisher wurde die Entscheidung, ob deutsches Recht im Wohnzimmer deutscher Nutzer ankommt, daher zu oft im Silicon Valley entschieden. Ein Trend der sich erst langsam und zögerlich mit der Einführung der DSGVO ändert und der damit verbundenen Durchsetzung europäischen Rechts für Produkte dieses Marktes.
DSGVO als Standard für digitale Gesetze und Rechtsprozesse
Umso mehr muss man an dieser Stelle den Wert der DSGVO hervorheben. Durch die zunehmende Digitalisierung und die Eigenschaft digitaler Produkte und des Internets nicht an Landesgrenzen oder Zollbestimmungen gebunden zu sein, ist die Digitalisierung dem nationalen Recht längst entwachsen, wodurch supranationale Gesetzgebung wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unerlässlich ist.
Mit der Einführung der DSGVO wurden drei fundamentale Bedingungen geändert.
- Mit dem Art. 25 DSGVO „Datenschutz durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen“ wurde der Grundsatz des privacy-by-Design als Mindeststandard für digitale Produkte und (fast) alle IT-Systeme gesetzt.
- Durch das Anheben der Bußgelder auf 2 bzw. 4 Prozent des Jahresumsatzes kann dieser Mindeststandard nicht ignoriert werden.
- Das in der DSGVO verankerte Marktortprinzip, sorgt dafür, dass auch außerhalb der EU, jeder der auf dem zweitgrößten Binnenmarkt der Welt Geschäfte machen will, sich an diesen technischen Standard halten muss.
Dass dieser technische Standard auch durchgesetzt wird, wird in den folgenden Fällen demonstriert.
- Deutsche Wohnen, Bußgeld von 14,5 Millionen EUR, weil Mieterdaten (Adresse, Gehaltsbescheinigungen, etc.) nicht gelöscht wurden.
- British Airways, Bußgeld von 204 Millionen EUR, weil Angreifer durch gravierende Sicherheitslücken sensible Daten von über 500.000 Kunden erbeuten konnten.
- Marriott Hotelkette, 110 Millionen, weil ein Hack über mehrere Jahre nicht bemerkt wurde und für die Angreifer Daten von 338 Millionen Kunden abgreifen konnte, darunter Kreditkartendaten.
- 1&1, Bußgeld in Höhe von 9,5 Millionen EUR, wegen zu schwacher Authentifizierung im Support. Name und Geburtsdatum als Faktoren haben Zugriff auf zahlreiche weitere Daten ermöglicht.
- Google, Bußgeld iHv 50 Mio. EUR , mangelnde Erfüllung der Informationspflichten.
Maßgeblich dafür, wie in Zukunft in Unternehmen die Rechtabteilung aufgestellt ist, ist der Schulterschluss zwischen Technik und Recht, um den aktuellen Anforderungen genügen zu können und die Entwicklung aktiv zu gestalten.
Legal as a Service
Die meisten Unternehmen sind bereits digital, dieser Trend wird sich durch die Corona-Krise und Konzepte wie Business as a Service, welche das in- und outsourcing von Prozessen mittels digitaler Lösungen nach dem Baukastenprinzip erlaubt, weiter beschleunigen.
Im Amazon Marketplace lassen sich nach diesem Prinzip bereits über 8000 Software-Produkte einkaufen. Vom Betriebssystem bis zum Machine-Learning Anwendung lässt sich vieles mit wenigen Klicks als Infrastruktur für das Unternehmen bereitstellen.
„Die Infrastruktur des 21. Jh. – das Internet – ermöglicht wie keine andere, Prozessschritte global outzusourcen, inzusourcen, Komponenten neu zusammenzusetzen.“ – Bendig, Evers et. al. 2013, S.69
Dieser Trend weitet sich auch auf Rechtsdienstleistungen aus, sodass auch hier immer mehr Leistungen und Services standardisiert und automatisiert werden können. So gehen im Fall der Wahrung von Fluggastrechten bereits jetzt viele Mandate an Flightright.de.
Flightright (Plattform für Fluggastrechte) ist eine Online-Plattform über die geschädigte Fluggäste automatisiert, anhand der Eingabe Ihrer Flugdaten, Forderungen gegenüber Fluggesellschaften aus Verspätungen und Flugausfällen geltend machen können. Die Prüfung erfolgt anhand von Fragen, die den Kunden über das Webinterface gestellt werden (Flugnummer, Art des Schadens, Grund etc.). Der Kunden erhält nach Abschluss des Fragebogens eine Information darüber, ob die Geltendmachung von Ansprüchen eine Chance auf Erfolg hat oder nicht. Fällt die Prüfung positiv aus, bietet Flightright an, diese Ansprüche für die Betroffenen durchzusetzen. Siehe Webseite von Flightright (https://www.flightright.de/)
Als weiteres Beispiel hierfür muss sich wenigermiete.de auch nicht verstecken, dessen Leistung im Einklang mit dem RDG (Rechtsdienstleistungsgesetz) steht und daher auch den analogen Juristen nicht unbeschränkt vor Wettbewerb schützt.
Plattformen und Lösungen wie diese ermöglichen vermehrt die standardisierte Prüfung und Bewertung von Einzelfällen und somit deren maschinelle Abarbeitung.
Arbeit wird uns zunehmend von Maschinen abgenommen und das ist gut so. Die Wenigsten der hier Lesenden werden sich darüber beschweren können, dass die Arbeit immer weniger wird. Vielmehr verdichtet sich die Arbeit zunehmend, ein Trend der vom Fachkräftemangel, Sparzwängen und dem Eintritt der Babyboomer in die Rente nur verstärkt wird. In der Automatisierung juristischer Prozesse liegt die Chance wieder Zeit für das Wesentliche zu erlangen, in dem das aufwendige Administrative von dem gemacht wird, der dafür ehesten geeignet ist: die Maschine.
Einsatz von Legal Tech und Services
Legal-Tech, soviel muss gesagt werden, ist mehr als ein Buzzword. Es ist ein Sammelbegriff für Technologien, die juristische Prozesse mit Technologie unterstützen bzw. abbilden können und somit die Digitalisierung des Rechts vorantreiben. Legal-Tech ist letztendlich die praktische Umsetzung der Rechtsinformatik, welche selbst für interessante Diskussionen sorgt, aber auch dass ein oder andere Problem hat. Das Hauptproblem von Legal-Tech und der Rechtsinformatik ist, dass die Juristen diese Disziplin ein Stück aus der Hand geben und verstärkt interdisziplinär, insbesondere mit den Informatikern zusammenarbeiten.
Eine Umfrage unter aktuellen Studenten der Rechtswissenschaften ergab, dass sich 70% der Studierenden mehr Inhalte zum Thema Digitalisierung und Legal Tech im Studium wünschen und sich selbst nur ungenügend auf diese Themen vorbereitet fühlen.
Dabei sind die Möglichkeiten der Rechtsinformatik und von Legal-Tech letztendlich immens. Bei ink unterscheiden wir hier zwischen Legal-Tech Basic Produkten, dies sind Produkte die bereits als Standardlösungen existieren und eingesetzt werden können und Legal-Tech Advanced, welches rechtliche Prozesse durch Automatisierung auf ein neues Level hebt und deren Skalierung ermöglicht. Dies können z.B. automatisierte Vertragsdatenbanken sein, die – einmal auf die jeweiligen Unternehmensbedürfnisse eingestellt – nicht mehr manuell befüllt werden müssen.
Legal Tech Basic beschreibt weitgehend Standardlösungen, die juristische Prozesse unterstützen. Ein einfaches Beispiel hierfür sind Datenbanken wie Beck Online oder juris.de. Während Jura-Studenten für die Erstellung von Hausarbeiten vor zehn Jahren sich noch in der Bibliothek einquartiert haben, ist die Recherche und die Erstellung von Hausarbeiten und Gutachten mittlerweile von der Couch aus möglich. Darüber hinaus gibt es bereits eine Reihe von Standardlösungen welche Unternehmen in Ihren Arbeitsabläufe unterstützen.
Digitalisierung der Ausgangs- und Eingangspost: Der Brief lässt sich schon heute mit wenig Aufwand vollständig oder teilweise digitalisieren, wodurch sich leicht Portokosten und auch Zeit bei Mitarbeitern sparen lässt. Dies geht auch ohne Einbußen bei der Rechtssicherheit. Im Gegenteil gibt es einen Zugewinn an Rechtssicherheit. Die Zeiten, an denen Briefe zugehen oder versandt werden, werden automatisiert dokumentiert und können archiviert werden. Der Versand von Einschreiben ist unproblematisch. Durch den digitalen Footprint, den der digitale Brief hinterlässt, erhält dieser eine höhere Rechtssicherheit als der analoge Bruder.
- Dokumentenmanagement: Nichts ist dem Juristen so lieb, wie das gedruckte Wort. Letztendlich können Dokumentenmanagementsysteme (DMS), die von der Stange gekauft werden, allerdings jeden Aktenschrank in die Arbeitslosigkeit schicken. Moderne Dokumentenmanagementsysteme können die gesamten Dokumenteninhalte auslesen und über Such- und Recherchefunktionen auffindbar machen. Auch klassische Aktenstrukturen lassen sich abbilden, sodass die Auffindbarkeit von Informationen erheblich vereinfacht wird und sich Wissen leichter teilen lässt. Moderne DMS werden auch sehr gerne in Finanzabteilungen eingesetzt, wo sich durch Workflows (Beim Kauf von der Stange inklusive) zahlreiche Prozesse wie die Rechnungserfassung und -auswertung sowie Freigabeprozesse einfach abbilden lassen. Ganz zu schweigen davon, dass es nicht erst seit der DSGVO ein No-Go ist, sensible Unterlagen auf offenen Gruppenlaufwerken herumzureichen.
- Vertragsmanagement: Jeder braucht Es, kaum jemand macht Es. Aus langjähriger Erfahrung sowohl mit kleinen Unternehmen als auch Groß-Konzernen, ist deutlich geworden, dass das Thema immer noch zu stiefmütterlich behandelt wird und Unternehmen hierdurch viel Geld liegen lassen. Dies liegt unter anderem daran, dass Verträge sobald diese geschlossen sind, in der untersten Schublade verschwinden und selten aktives Vertragsmanagement betrieben wird. Entsprechende Software nimmt hier viele Aufgaben wie die Überwachung von Fristen oder das Lizenzmanagement ab.
- Datenschutzmanagement: Gute Datenschützer wissen, dass der Datenschutz eine sehr dokumentationslastige Angelegenheit ist.Damit der allgemeinen Rechenschaftspflicht aus Art. 5 Abs. 2 DSGVO mit angemessenen Aufwand entsprochen werden kann, bietet sich der Einsatz von Datenschutzmanagementsystemen an, welche die zugehörigen Prozesse automatisieren und strukturieren können.
Die hier genannten Lösungen sind nur einige von vielen Möglichkeiten, die Rechtsabteilung mit etablierten Lösungen fit für die Zukunft zu machen.
Legal-Tech Advanced
In der zweiten Stufe von Legal-Tech werden Tätigkeiten zunehmend automatisiert. Beispielhaft hierfür stehen Plattformen wie flightright.de und wenigermiete.de.
Spannend innerhalb dieser Stufe der Komplexität ist, dass sich die Perspektive wie Recht angewandt wird, gleich in mehreren Faktoren ändert. Von der Einzelfallbetrachtung hin zur Standardisierung und von abrechenbaren Stunden hin zu Softwarelizenzmodellen.
So ermöglicht https://www.smartlaw.de/ die einfache Erstellung von Vertragsmustern. Parallel findet hier auch eine Revolution im Finanzbereich und bei den Kollegen der Steuerberatung statt. Mit Robotic Process Automation werden bereits zahlreiche Prozesse in Finanzabteilungen automatisiert und gleichzeitig SAP Legacy Probleme gelöst.
Ganz konkrete Lösungen in dem Bereich von Legal-Tech 2.0 sind Lösungen wie RPA, Smart Contracts und vor allem die aufstrebende e-Discovery. Oft befinden wir uns hier im Unternehmenskontext aber in einem Bereich, in dem Individuelle Lösungen entwickelt in die Prozesse der jeweiligen Unternehmen integriert werden.
- Legal Process Automation mit RPA: Robotic Process Automation ist eine Brückentechnologie die überwiegend zur Automatisierung repetitiver, administrativer Aufgaben verwendet wird. Dies funktioniert, indem Bots (Roboter) angelernt werden, um bestimmte Aufgaben zu übernehmen wie das Ablegen oder Verschieben von Dokumenten. Die Einführung dieser Lösungen ist in der Regel mit Consulting-Projekten verbunden, da es notwendig ist, die dahinterliegenden Prozesse im Detail zu verstehen. Hauptsächlich wird die Technologie in Finanzbereichen angewandt, eignet sich aber auch hervorragend für die Automatisierung von administrativen Aufgaben, die in Rechtsabteilungen anfallen, z.B. im Zusammenhang mit Dokumentenverwaltung oder Fristüberwachung.
- e-Discovery und Forensics: Beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens prozessrelevante Informationen mit Blick auf deren Beweiskraft aufzubewahren, aufzufinden und zu verwerten. In großen Organisationen sind Information und Wissen häufig auf dutzende bis hunderte Systeme verteilt und im Fall von Rechtsstreitigkeiten häufig schwer aufzufinden oder haben vor Gericht nur eine schwache Beweiskraft. Als Teil eines modernen Wissensmanagement können im Rahmen des e-Discovery Prozesse und Systeme etabliert werden, welche die Compliance und rechtliche Resilienz eines Unternehmens stärken.
- Smart Contracts: Sind auf Blockchain Technologie basierende Produkte mit denen sowohl der Abschluss als auch die Durchführung eines Vertrages automatisiert werden kann, sodass die Erfüllung von Vertragskonditionen automatisch überwacht werden kann. Beispielhaft hierfür steht, dass ein Auto beim Car-Sharing erst freigeschaltet wird, sobald der Mitgliedbeitrag überwiesen wurde.Die Technologie besitzt einen noch geringen Reifegrad, und hat sich am Markt bisher nicht durchsetzen können.
- Decision Automation: Decision Automation beschreibt Systeme mit denen Workflows mittels BPMN abgebildet werden und Entscheidungen durch das Erfüllen von definierten Tatbeständen oder Konditionen automatisiert werden können. Ein Anbieter für diese Art von Lösungen ist https://bryter.io/product/ aber State-of-the-Art Dokumentenmanagementsysteme oder Vertragsmanagementsysteme bringen bereits Tools mit, um Workflows zu automatisieren.
- Individuallösungen: Grundsätzlich lassen sich viele Business-Cases und Prozesse auch durch HTML Seiten oder Individualentwicklungen abbilden.
Moderne Compliance wird zunehmend durch digitale Lösungen unterstützt, wir helfen Ihnen gerne bei der Einführung.